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Vorne „Hui“ und hinten „Pfui“

Die Externsteine sind beliebtes Reiseziel für ein breites Spektrum von Nazis. Angefangen bei den "autonomen" bis hin zu den Völkischen Nationalisten. Foto by MaugiArt/flickr

Pressemitteilung vom Arbeitskreis wider die völkischen Schwarmgeister an den Externsteinen, 30.04.2012:

Kein völkisch-germanophiles Treiben im Rathaus von Horn-Bad Meinberg

Vom 16. bis 20. Mai 2012 soll im Rathaus der Stadt Horn-Bad Meinberg eine
Tagung des „Forschungskreis Externsteine“ stattfinden. (1) Der „Arbeitskreis
wider die völkischen Schwarmgeister an den Externsteinen“ hat diesen
„Forschungskreis“ im letzten Jahr massiv kritisiert und auf ideologische und
personelle Verstrickungen mit der extremen Rechten hingewiesen. (2)
Daraufhin behaupteten Mitglieder des „Forschungskreises“, dass sie die
eigene Geschichte aufarbeiten und sich gegen eine Vereinahmung durch die
extreme Rechte wehren wollten.

Auf seiner 2012 neu gestalteten Website verlautet der „Forschungskreis
Externsteine“ unter dem Punkt „Ziele“, dass er „nachdrücklich gegen den Missbrauch der Vorgeschichtsforschung durch rechtsextremes Denken“ kämpft. Doch von einer inhaltlichen Aufarbeitung ist auch jetzt – knapp ein Jahr später – kaum etwas zu spüren. Stattdessen bekennen sich Teile des Vorstandes nach wie vor zur völkischen Ideologie. Für die Tagung ist ein Referent angekündigt, der auch schon im Bereich der extremen Rechten aktiv war. So ist zu bilanzieren, dass die Läuterung des „Forschungskreises Externsteine“ entweder nur ein Imageprojekt war oder gründlich gescheitert ist. All dem öffnet die Stadt Horn-Bad Meinberg das Rathaus als öffentlichen
Tagungsort.

Wir fordern daher die Stadt Horn-Bad Meinberg auf, die Tagung aus den
öffentlichen Räumen zu verweisen und sich glaubhaft vom „Forschungskreis Externsteine“ zu distanzieren, indem sie ihm sofort jegliche Unterstützung entzieht!

Verstrickungen in die extreme Rechte und den Neonazismus

Die offizielle Distanzierung des „Forschungskreises“ vom „Missbrauch der Vorgeschichtsforschung durch rechtsextremes Denken“ bleibt eine Worthülse: Auf der Vereins-Website findet sich bis heute kein Abrücken von völkischen und extrem rechten Vordenkern wie etwa dem Gründer des Vereins Walther Machalett und dessen ideologischem Mentor Wilhelm Teudt. Auch über die Verstrickungen des Vereins in das organisatorische Geflecht der extremen Rechten wird nicht informiert. Die in der Einladung zur diesjährigen Tagung gemachte Ankündigung, das Treffen solle dazu dienen, „die Geschichte des Vereins kritisch zu reflektieren und öffentlich zu diskutieren“, kann unter diesen Umständen nur als Nebelkerze bezeichnet werden. Denn es geht mitnichten allein um die Geschichte des Vereins, sondern auch um seine
Gegenwart.

Vorstandsmitglied empfiehlt völkische Ideologen

Dass nicht mal der Vereinsvorstand die völkische Ideologie nicht hinter sich gelassen hat, zeigt das Beispiel von Stefan Hövel, der als Vorstandsmitglied die aktuelle Einladung mit unterzeichnet hat. (3) Hövel ist Webmaster und Verantwortlicher nach dem Pressegesetz der Website der „Forschungsgruppe Externsteine-Kultur“ (4). Diese „Forschungsgruppe“ wurde 2004 gegründet, um die „Forschungstätigkeit“ zu reaktivieren und ist aufs Engste mit dem „Forschungskreis Externsteine“ verbunden. (5) In einem Bericht behauptet die Gruppe: „Die Neue Externstein-Forschung befasst sich nicht mit Politik.“ Doch nur drei Zeilen später lässt sie verlauten: „Die Neue Externsteinforschung lehnt es ab, die Regeln der `political correctness` zur Kenntnis zu nehmen.“ (6) Schon mit diesem Sprachgebrauch bewegt sich die „Forschungsgruppe“ im Bereich der Rechten, die so versucht, sich gegen Kritik zu immunisieren. Folgerichtig ist es auch, dass die „Forschungsgruppe“ völkische Ideologen wie Wilhelm Teudt, Herman Wirth, Walther Machalett oder Elisabeth Neumann-Gundrum lobt und ihre „Arbeiten“ als „wissenschaftlich“ betitelt. Hier wird alles geboten, was beim „Forschungskreis Externsteine“ öffentlich kritisiert wurde und angeblich bearbeitet wird oder nie vorhanden war – unter der Verantwortung eines Vorstandsmitglieds des „Forschungskreises“.

Referent des extrem rechten Neuheidentums

Für den 18. Mai kündet das Tagungsprogramm einen Vortrag von Ralf Koneckis zum Thema „Irminsul und Maibaum – eine archäoastronomische Untersuchung“ an. Koneckis ist im Bereich der ideologischen Aufladung der Externsteine ebenso ein alter Bekannter wie als Referent in neuheidnisch-neonazistischen Kreisen. 1995 war zum Beispiel ein Vortrag von Koneckis zum Thema „Mythos und Märchen – was die Sterne darüber verraten“ im Rahmen der neonazistischen Hetendorfer Tagungswoche angekündigt. (7) Die Tagungen in Hetendorf waren
Höhepunkte der Organisierung des neonazistisch-heidnischen Spektrums, gerade hier fand eine ideologische Fundierung der anwesenden Neonazis statt. 1998 wurden sowohl der Träger- als auch der Förderverein der Hetendorfer Tagungswochen durch das niedersächsische Innenministerium verboten, da sie, so die Erkenntnisse, die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik bekämpften.

Auch darüber hinaus ist Koneckis seit vielen Jahren im völkisch-religiösen Bereich der extremen Rechten aktiv: Er war an der Vorbereitung der „Horner Fachtagungen“ zusammen mit dem Aktivisten der „Neuen Rechten“ Burkhard Weeke aus Horn-Bad Meinberg beteiligt (8), veröffentlichte im neurechten Theorieorgan „Elemente“ (9) und referierte auf einer Tagung von „Ur-Europa e.V.“ (10), der vormaligen „Gesellschaft für europäische Urgemeinschaftskunde e.V. / Herman-Wirth-Gesellschaft“. Schon seit Jahren tritt Koneckis auch auf den Tagungen des „Forschungskreises Externsteine“ auf – daran scheint auch die angekündigte Aufarbeitung der Vereinsgeschichte und eine Distanzierung von der extremen Rechten nichts zu ändern.

Gescheiterte Aufarbeitung

„Schwerpunkt der Tagung ist die rechtsideologische und nationalsozialistische Vereinnahmung der Externsteine“ heißt es in der Pressenotiz der Lippischen Landes-Zeitung vom 23. April. Doch wie macht sich dieser Schwerpunkt tatsächlich bemerkbar? Vor allem geht aus dem Titel nicht hervor, dass gerade der Verein selbst teilweise eine extrem rechte /völkische Deutung der Externsteine propagiert. Nur zwei Vorträge des Programms widmen sich mehr oder weniger dem Thema: „Walther Machalett – ideologische Spurensuche im Lebenswerk eines Laienforschers“ von Matthias Wenger / Rolf Speckner und „Die politischen Probleme in der Vorgeschichtsforschung – wie arbeiten wir im Forschungskreis das Thema auf?“ von Dirk Müller – sie werden aber konterkariert durch Vorträge beispielsweise des bekennenden Wilhelm Teudt-Anhängers Jürgen Mische und von Ralf Koneckis.

Kontinuität völkischer Mythen

Auch ein Blick in die „Rückschau 2011“, die vom „Forschungskreis
Externsteine“ herausgegeben wird und die Tagungsbeiträge des Jahres 2011 dokumentiert, lässt erkennen, dass weiterhin völkische Mythen verbreitet werden. So behauptet K. Walter Haug in seinem Beitrag „Das wahre Alter der Externsteine“: „Es gibt eine Hochkultur in Deutschland, die alles in den Schatten stellt, was die offizielle Archäologie den Menschen hierzulande vorgaukelt. Die „drei Kaiserberge“ zwischen Schwäbisch Gmünd und Göppingen sind unsere „Pyramiden von Gizeh“. Vor diesem Hintergrund erst kann man die
Externsteine als das älteste und besterhaltene Relikt aus dieser grandiosen Epoche verstehen.“ (11)

Klar, es muss schon eine Hochkultur sein, die es in Deutschland schon gab, als alle anderen noch in geistiger Umnachtung lagen. Das kann ein „gewöhnlicher Kunstlehrer“ erkennen, wenn er ein paar „stilistische Vergleiche“ anstellt. Könnte nach Auffassung von Haug auch jeder andere, doch da „offensichtlich ideologische Verbohrtheit Wissenschaft und Forschung derart knebelt, dass nicht einmal die elementarsten Erkenntnisse hierzulande Raum greifen dürfen“, passiert das halt einfach nicht. Wer hier formuliert, dass auf Teufel komm raus der germanische Herrenmensch mit seiner Kulturhöhe konstruiert wird, der wird auf den scharfen Widerspruch des „Forschungskreises“ treffen. Anders lässt sich so viel ideologischer Unsinn aber nicht bewerten.

Unterstützungsgrund Tourismus?

Eigentlich sollte ein kurzer Blick in die Publikationen des „Forschungskreises Externsteine“, genügen, um sich von dessen völkisch-germanophiler Ausrichtung zu überzeugen – auch im Jahr 2011 und 2012. Trotzdem darf der Verein auch in diesem Jahr wieder in städtischen Räumen tagen: „Eine Besonderheit der diesjährigen Tagung: Sie findet wegen des Schützenfestes an einem anderen Ort, nicht in der Burgscheune, sondern im Rathaussaal der Stadt Horn-Bad Meinberg statt. Möglich wurde dies durch die gastfreundliche und aufgeschlossene Haltung der Stadt Horn-Bad Meinberg gegenüber ihren Besuchern im Allgemeinen und gegenüber unserem Forschungskreis im Besonderen“, heißt es in der Einladung zur Tagung.

Es stellt sich die Frage, warum die politischen Verantwortungsträger der Stadt die Kritik am völkischen Treiben des „Forschungskreises“ nicht ernster nehmen. Sollte hier der Wunsch vorhanden sein, doch mehr zu finden als ein imposantes Naturdenkmal? Ein uralter Kultplatz oder ein uraltes Sonnenobservatorium, das sich touristisch bestens vermarkten ließe? Wenn der „Forschungskreis“ behauptet: „Wir werden seitens lokaler Aktivitäten mit der Vision konfrontiert, die Anerkennung der Externsteine als Weltkulturerbe zu betreiben“, so ist das zwar eine wahnwitzige Vorstellung, allein ein Antrag auf diesen Status würde jedoch vermutlich viel Publicity und steigende Übernachtungszahlen bedeuten. Tourismusförderung par excellence – auch wenn man dafür völkische Schwarmgeister auf Rathausparkett empfangen muss.

(1) Download der Einladung unter www.forschungskreis-externsteine.de/news.htm
(2) www.hiergeblieben.de/pages/textanzeige.php?limit=10&order=datum&richtung=DES
C&z=1&id=32577
(3) Download der Einladung unter www.forschungskreis-externsteine.de/news.htm
(4) www.forschungsgruppe-externsteinekultur.de/index_8.htm
(5) Vgl. www.forschungsgruppe-externsteinekultur.de/ und Rückschau 2009,Berlin, S. 7.
(6) www.forschungsgruppe-externsteinekultur.de/index_2.htm
(7) Einladung zur „5. Hetendorfer Tagungswoche 1995 vom 17.6. bis 25.06.95“, Hamburg, 1995, S. 2.
(8) Elemente der Metapolitik zur europäischen Neugeburt, Kassel 1990, Nr. 4, S. 105.
(9) Koneckis, Ralf: Himmelskunde in Alteuropa. In: Elemente der Metapolitik zur europäischen Neugeburt, Kassel 1997, Nr. 2, S. 36 – 41.
(10) Sein Tagungsbeitrag „Kaiser Rotbart und die Himmelsscheibe“ wurde
veröffentlicht in: Ur-Europa-Jahrbuch 2004, Kolbermoor S.85 – 88.
(11) Haug, K. Walter: Das wahre Alter der Externsteine. In: Rückschau 2011, Berlin, S. 18 – 24.